Institut für Kunstgeschichte
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II. In Form gebracht. Formatfragen

And. Rossi

And. Rossi

Künstler: And. Rossi
Vorlage: Bloemaert, Abraham: „Die Anbetung der Hirten“, 1612, Öl auf Leinwand, Louvre
Titel: Die Anbetung der Hirten
Datierung: 17 Jhdt.
Technik: Kupferstich
Maße: 17 cm x 26,2 cm (außen) 16,4 x 26 cm (innen)
Beischrift: Bloemaert inv. And. Rossi sculp cui proef M. Pitteri

 

Der Stich ist vermutlich eine Kopie des großformatigen Drucks („Anbetung der Hirten“ von P.H.). In diesem kleinen Format geht der Bildcharakter des Originals von Abraham Bloemert verloren. Einer Skizze gleich sind die Figuren schemenhaft. Die Gesichter der Putten oberhalb der Wolken sind nur angedeutet, einige Putten wurden ganz weggelassen. Die Anordnung der Personen wirkt gestaucht, das Bild in diesem Format überladen. Der Bildhintergrund ist sehr dunkel gehalten und deutet die Umgebung nur an. Die mit Heu beladene Raufe ist noch zu erkennen, die Mauern der Ruinen sind jedoch kaum zu sehen. Der Hintergrund ist dem Druck ähnlich und nicht mit dem des gemalten Bild von Bloemaert vergleichbar. Auch die Gesichter der Hauptfiguren sind nicht ganz ausgeführt, die Maßstäbe stimmen zum Teil nicht. Durch die dichte Linienführung des Stechers ist das Bild sehr dunkel. In diesem kleinen Format wird auf die detailgenaue Wiedergabe des Vorbildes verzichtet. Es ist vermutlich keine Vorstudie für den größeren Druck, da dieser wiederum dem in Öl gefassten Bild von Abraham Bloemaert viel näher kommt.

Nach Jakob Burckhardt ist das Format eine Lebensbedingung des Kunstwerkes (Heusinger 2003, S. 509). Das Format ist hier für den eigentlichen Bildinhalt zu klein gewählt. Nach Christian von Heusinger sind die kleinen Formate der Stiche eher den Lesegesetzen eines Buches als eines Gemäldes unterworfen, da sie meist aus der Nähe betrachtet werden (Einführung: Das gestochene Bild. Von der Zeichnung zum Kupferstich, Braunschweig 1987, S. 15). In diesem Fall ist der Stich eine reduzierte Reproduktion, die dem Betrachter  nur eine ungenaue Vorstellung vom Original liefert; wie eine gestochene Bildbeschreibung, die den Bildinhalt weiter verbreitet, ohne das Original en detail wiederzugeben. Obwohl bereits Giorgio Vasari auf die Kunstfertigkeit der Kupferstecher verweist, auf kleinstem Raum Figurenszenen darzustellen, wirkt das kleine Format im direkten Vergleich weniger imposant. Farbe als wesentlicher Ausdrucksträger des Vorbildes von Abraham Bloemert fehlt dem Stich ebenso wie inhaltliche Vielfalt und eine filigrane Linienführung.

Über den Grafikmarkt wurden große Kunstwerke zugänglich gemacht und verbreitet. Der Druck des wenig bekannten Stechers And. Rossi ist ein Beispiel für die Graphik als Reproduktion, die in dem gewählten Format den originalen Bildcharakter jedoch verliert.

Laura Bohnenberger

Literatur:

  • Burckhardt, Jakob: Format und Bild, in: ders., Vorträge 1870-1892, Hg. Maurizio Ghelardi/Susanne Müller, München 2003.
  • Heusinger von, Christian: Das gestochene Bild. Von der Zeichnung bis zum Kupferstich, Ausstellung im Herzog Anton Ulrich-Museum vom 30. Oktober bis 13. Dezember 1987, Braunschweig 1987.
  • Nagler, Georg Kasper: Neues Allgemeines Künstlerlexikon, 3. Aufl, unveränd. Abdr. der 1. Aufl., Leipzig 1835 – 1852.
  • Puttfarken, Thomas: Maßstabsfragen. Über die Unterschiede zwischen großen und kleinen Bildern, Hamburg 1971.

Standort/ Bildrecht: Institut für Kunstgeschichte, LMU, München.