Institut für Kunstgeschichte
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V. Sprechende Linien. Zum Verhältnis von Schrift und Bild in der Druckgrafik (Ganzer Text)

In Principio erat Verbum, im Anfang war das Wort, lauten die ersten Worte des Johannes Evangeliums. Oder hat doch der Volksmund recht und ein Bild sagt mehr als tausend Worte? Mit diesen einleitenden Gedanken möchten wir Sie zum Entdecken unserer virtuellen Ausstellung einladen.

Gemälde außerhalb des religiösen Rahmens waren lange Zeit nur einem kleinen, meist aristokratischen Betrachterkreis zugänglich. Mit dem Aufkommen der Druckgrafik im 15. Jahrhundert fand das Bild eine größere Verbreitung und wurde somit auch einem bürgerlicheren Rezipientenkreis verfügbar gemacht.

Nördlich und südlich der Alpen geschieht dies aber unter verschiedenen Vorzeichen. Steht in Italien zunächst der Kunstwert des Blattes im Vordergrund, wird die Druckgrafik im Norden auch im hohen Maße zu einem Medium der Übermittlung von Informationen und Ideen für das Neue, ikonografisch weniger versierte Publikum. Dieser Funktion versucht man durch die Kombination von Bild und Schrift gerecht zu werden.

Doch in welcher Beziehung stehen nun Bild und Schrift? Zunächst handelt es sich um ein grafisches Verhältnis, das aus dem gleichen Ursprung von Schrift und Bild in der Druckgrafik resultiert: der Linie. Die Linie ist zeichnerisch. Daher können Bild und Schrift auch ein und dieselbe „Handschrift“ tragen. Weitaus häufiger aber ist die Schrift grafisch vom Bild gelöst und erscheint wie aus Lettern gesetzt.

Welche Funktionen kann nun die Schrift in der Grafik erfüllen und wie wird aus der Linie eine sprechende Linie? Zuerst gibt sie die Signaturen der Künstler wieder. Darüber hinaus kann sie in Form von Versen oder Prosa Textvorlagen zitieren oder beispielsweise als Legende kommentierend wirken. Weiterhin kann man die Frage stellen, ob im Text der Künstler, ein Erzähler, ein nachträglicher Kommentator oder die dargestellten Figuren selbst „sprechen“. Text und Bild können in einen Dialog treten.

Machen Sie sich nun selbst ein Bild von der sprechenden Linie und klicken Sie sich durch die Vielfalt unserer kleinen Auswahl, deren Schwerpunkt, wie auch in der Grafiksammlung des Instituts, hauptsächlich auf nordalpiner Druckgrafik liegt.

Katharina Kümmerle, Stephanie Utschig, Marcus Pilz