Institut für Kunstgeschichte
print


Navigationspfad


Inhaltsbereich

V. Sprechende Linien. Zum Verhältnis von Schrift und Bild in der Druckgrafik

And. Khol. (?)

And. Khol. (?)

Künstler:  And. Khol. (voller Name unbekannt)
Vorlage: unbekannt
Titel: Portrait des Andreas Gulden
Datierung: 1653
Technik: Kupferstich
Maße: 190x125mm
Beischrift:
Amicissimo suo, Andreae Gulden, Calligraphiae peritissimo, Compatri honoratissimo, hanc Ipsius effigiem, aeri a se incisam, mnemosynon suae vult esse gratitudinis, ob plurima sibi ab Ipso ex hibita officia gratissima. And. Khol.

 

Der Kupferstich zeigt den Nürnberger Schreibmeister Andreas Gulden (1606-1683) im Halbprofil in einem ovalen Bildfeld. Kleidung und Habitus weisen auf sein gesellschaftliches Ansehen hin. Am unteren Rand des Ovals befindet sich zum Einen die Altersangabe des Dargestellten, 47 Jahre, zum Anderen die Datierung 1653. Das eigentliche Porträtoval ist von einem komplizierten kalligraphischen Meisterzug umrahmt, der mit nur einer Linie das Bildfeld umzieht und damit auf die Kunstfertigkeit des Dargestellten in seinem Fach verweist. Der Meisterzug ist eine typische Schmuckform der hochentwickelten Kalligraphiekunst der Zeit und entwickelt sich in der Regel unmittelbar aus den Linien der Schrift, wie dies auch an der Initiale der Bildunterschrift zu sehen ist. Er steht somit zwischen Schrift und Ornament. Dies wird  gerade hier, in der Verwendung als Bildrahmung, besonders deutlich.

Nach der kurzen Lebensbeschreibung bei Doppelmayr war Gulden ein ausgesprochen vielseitiger Künstler. Der Biograph erwähnt, dass Gulden nicht nur Kalligraph war und seine Schriften als Radierungen auch selbst in Druckplatten ätzte, sondern zudem noch als Zeichner und Maler arbeitete. All diese Fertigkeiten soll er mit beiden Händen gleichermaßen gut beherrscht haben. Auf die Vielfalt seiner Tätigkeiten verweisen die Putten, die in die vier Ecken des kalligraphischen Rahmens gesetzt sind. Beginnend oben links, zeigen die Putten in ihren Attributen im Uhrzeigersinn die Geometrie mit dem Reißbrett und die Zeichenkunst mit Stechzirkel, Winkel und Messstäben. Unten ist die Technik der Radierung dargestellt, indem der Putto gerade eine Kupferplatte mit Säure übergießt. Rechts neben diesem hängt eine Schrifttafel mit verschiedenen Federn, die nochmals auf die Schreibkunst verweist. Der letzte Putto steht für die Malerei. Als Attribute hält er Palette, Malstock und Pinsel, sowie eine Farbenschale. Links neben ihm hängen ein Buch, eine Papierrolle und weitere Schreibfedern. Damit soll wohl auf die Publikationstätigkeit des Dargestellten hingewiesen werden. Gulden vollendete die „Nachrichten von Künstlern und Werkleuten daselbst aus dem Jahre 1547“. Dieses Werk war von seinem berühmten Lehrer, dem Schreibmeister Johann Neudörffer d. Ä., begonnen worden und enthält eine Sammlung kurzer Lebensbeschreibungen.

Die Bildunterschrift ist eine Widmung des Künstlers an seinen Freund („Amicissimo suo“) Andreas Gulden. Wer sich hinter dem Kürzel And. Khol. verbirgt, ist nicht geklärt.

Marcus Pilz

Literatur:

  • Doppelmayr, Johann Gabriel: Historische Nachricht von den Nürnbergischen Mathematicis und Künstlern, Nürnberg 1730

Standort/Bildrecht: Institut für Kunstgeschichte der LMU, München