Institut für Kunstgeschichte
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Nachruf

Der Unbeirrbare. Zum Tod des Münchner Kunsthistorikers Frank Büttner, der in vielen Jahrhunderten zu Haus war

von Willibald Sauerländer

Im Alter von 71 Jahren ist der Kunsthistoriker Frank Büttner gestorben. Man wird diesen sehr kooperativen, aber nie lauten Kollegen auf manchen Baustellen der Forschung vermissen. Büttner hatte in Würzburg und Kiel bei dem fachlich energisch prägenden, zugleich bekennend konservativen Erich Hubala studiert. Vom Kieler Lehrstuhl kam er 1994 nach München, wo er eine produktive Unterrichtstätigkeit entfaltete. Er gehörte nie zu jenen "Konzertreisenden", die man häufiger auf Symposien als auf ihren Lehrstühlen antrifft. Alles Modische war ihm fremd.
Seine Bibliografie von über 200 Titeln umspannt die ganze europäische Kunstgeschichte von Giotto bis Cornelius, aber ab der Schwelle zur Moderne bricht sie ab. Das schränkt ein und schützt aber zugleich vor Jargon. So mag man sagen: Mit Büttner geht ein Vertreter der alten europäischen Kunstgeschichte von uns. Er wird fehlen, denn wir brauchen solche Kustoden, wenn die traditionelle Kunstgeschichte nicht ganz von Bildwissenschaft und Bildanthropologie verschluckt werden soll.
"Architektonische Gliederung und bildkünstlerische Konfiguration", dieses Motto, welches Büttner einem Beitrag zu Erich Hubala vorangestellt hat, kann man auf viele seiner eigenen Arbeiten übertragen. Das trifft zu für die Dissertation über Luca Giordanos Ausmalung der "Galleria Riccardiana" in Florenz. Das Thema kehrt wieder in einem Buch über das Programm der Fresken Tiepolos in der Würzburger Residenz. Dann verlagert er es auf den bayerischen Barock. Er spricht von der Rhetorik und dem Illusionismus der Deckenmalerei, aber denkt auch über deren Ende im Licht der Aufklärung nach. Es war Büttner, der die Aufnahme des "Corpus der barocken Deckenmalerei" in das Akademie-Programm erwirkt hat.
Büttners Opus Magnum war ganz anders situiert: eine monumentale Veröffentlichung der Fresken und Freskenentwürfe des Nazareners Cornelius. Es gehörte eine große Unbeirrbarkeit dazu, in den turbulenten Jahren um 1980 ein so unzeitgemäßes Unternehmen zu starten. Büttner hat es zu Ende geführt und ist dabei zu einer Autorität für Kunst und Ästhetik um 1800 geworden. Der Schelling-Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften wird er wie vielen anderen Freunden und Kollegen fehlen.

Sueddeutsche Zeitung, 18. Mai 2016