Institut für Kunstgeschichte
print


Navigationspfad


Inhaltsbereich

II. In Form gebracht. Formatfragen

P.H. (vollständiger Name unbekannt)

P.H. (vollständiger Name unbekannt)

Künstler: P.H. (vollständiger Name unbekannt)
Vorlage: Bloemaert, Abraham: „Die Anbetung der Hirten“, 1612, Öl auf Leinwand, Louvre, Paris
Titel: Die Anbetung der Hirten
Datierung: 17 Jhdt.
Technik: Kupferstich
Maße: Blatt: 550 x 410 mm / Platte: 50 5 x 400 mm
Beischrift:
A.Bloemnert hane tabulum pro summo Altari Sylvaeducensium
D. Clarae Monialium pinxit. B. Bolsverd sculp.Felices anima, custodia fida bidentûm
Seu fueris Corydon; seu Meliboeus eras!
Vosg o felices Galataea et Jarva Amarylli,
Ternag, turba comes, Bucula, Aselle, Canis!
Vos primi, humanas Lapsum vidistis in oras
Straminea infantem crate iacere Deum.
Vos primi venerati hominema Deumg fuistis,
Quis nolit simili pafcere nocte greges?
Reverendo admodum, Amplissimog viro, Dno Caio Antonio Joachimi filio, Hoppero: S. R. E. Protonotario nel non Ecclesia D. Petri
Apud Lovanienfes Praeposito Coadiutori, elegantiarum cultori, et admiratori eximio. Boetius A. Bolfverd obleguy ergo. L.M.D.C.Q. N:i6i8.

 

LouvreDem Stich liegt eine in Öl gemalte Vorlage im großen Format von 287 x 229 zu Grunde, die „Anbetung der Hirten“, die um 1612 von Abraham Bloemaert gemalt wurde und heute im Louvre hängt. Der Stich wurde vom Bild abgezeichnet, also „abgekupfert“, der Druck ist daher spiegelverkehrt. Der Stich ist mit dem Monogramm „PH“ signiert, der genaue Name des Stechers ist jedoch unbekannt. Eine kurze lateinische Erläuterung am Bildunterrand verweist auf die großformatige Vorlage des Druckes und wurde nachträglich handschriftlich hinzugefügt. Das Papier ist an den drei anderen Seiten des Bildes bündig abgeschnitten. Die Platte des Drucks bestimmte das Format.

Das Jesuskind, dem die Anbetung der vier Hirten links im Vordergrund gilt, steht im Mittelpunkt der Komposition. Maria lüftet das Tuch, welches das Kind umhüllt. Vor Ehrfurcht sind zwei der Hirten vor der Krippe auf die Knie gefallen. Ein Schaf mit zusammengebundenen Füßen liegt als Gabe auf dem Boden vor der Krippe. Hinter Maria steht eine junge Frau mit Strohhut. Das Haar fällt ihr lose auf die Schultern, ihr Kleid ist leicht geöffnet und sie trägt ein Salbgefäß bei sich – die Attribute der Maria Magdalena. Ein kleines Mädchen hat sich hinter ihrem Rock versteckt und deutet mit dem Finger auf die Vierergruppe von Hirten. Neben dem Mädchen sitzt ein Hund, der den Betrachter anblickt. Der Stecher hat hier besonders filigran gearbeitet.

Lichtquellen teilen das Bild in zwei Bereiche: Die Gruppe um das Jesuskind wird von vorne beleuchtet, die Engelsgruppe, die über dem Geschehen schwebt, erhält ihr Licht mehr von oben, aus dem Himmel. Zwei der Hirten stehen etwas verdunkelt im Hintergrund. Einer zeigt nach oben auf die Engelsgruppe, der andere hält einen Ochsen an den Hörnern. Anders als auf der Vorlage sind auf dem Stich keine weiteren Personen zu sehen. Mauerwerk, grobe Balken und eine Raufe mit Heu bilden den Hintergrund. Das Format des Stichs hat eine gewisse Verdichtung des Bildinhalts zur Folge. In ihrer Erscheinung -reduziert auf die Zeichnung- wirken die Engel schemenhaft. Die praktische Verwendung dieses Drucks in seiner Funktion als Verbreitungsmedium eines Bildkonzeptes nimmt hier Einfluss auf das Druckformat.

Der Druck verliert durch das kleine Format an Erhabenheit. Der Betrachter kann aber das Blatt in die Hand nehmen, die einzelnen Figuren genau betrachten – und so wird eine Wirkung der Intimität geschaffen. Die „Anbetung der Hirten“ verliert ohne Farben und in diesem kleinen Format zwar an Wirkung, erfüllt jedoch den Zweck als Verbreitungsmittel, als Publikation. Die Graphik ist hier kein selbstständiges künstlerisches Ausdrucksmittel, sie ist vielmehr eine reine Reproduktionstechnik. Ein großes Bild für den privaten Gebrauch oder die Lehre in „Form gebracht.“

Laura Bohnenberger

Literatur:

  • Burckhardt, Jakob: Format und Bild, in: ders., Vorträge 1870-1892, Hg. Maurizio Ghelardi/Susanne Müller, München 2003.
  • Nagler, Georg Kasper: Neues Allgemeines Künstlerlexikon, 3. Aufl, unveränd. Abdr. der 1. Aufl., Leibzig 1835 – 1852.
  • Puttfarken, Thomas: Masstabsfragen. Über die Unterschiede zwischen grossen und kleinen Bildern, Hamburg 1971.

Standort/ Bildrecht: Institut für Kunstgeschichte, LMU, München.