Dissertationsprojekt "Adolf Hölzel und die Metamorphose der Landschaft" (Arbeitstitel)
Betreuer: Prof. Dr. Frank Büttner
Adolf Hölzel (*1853 Mähren/ehem. Österreich-Ungarn, † 1934 Degerloch/Stuttgart) besucht nach einer druckgraphischen Ausbildung in Wien bis 1882 die Münchner Akademie und lebt darauf als überwiegend im Genrefach tätiger Künstler in der bayerischen Hauptstadt. Schon 1887 zieht er sich aber aus dem Großstadttreiben und auch vor der Kritik an seinen neuen, unkonventionelleren und wenig publikumsorientierten Malversuchen zurück und beheimatet sich in dem ländlichen Dachau. Seine aufgeschlossenen Unterrichtsmethoden und Ansichten ziehen schnell zahlreiche Schüler an und zusammen mit den Künstlern Ludwig Dill und Arthur Langhammer, die ihm bis 1900 nach Dachau folgen, prägt er einen Stil aus, der heute allgemein als „Neu-Dachauer-Schule“ bezeichnet wird. In der Natur des landschaftlich sehr abwechslungsreichen und künstlerisch reizvollen Dachauer Mooses studiert und auch meistens „alla prima“ ausgeführt, entstehen Landschaften, die von flächiger Dunkeltonigkeit und beinahe jugendstilhafter Formgestalt geprägt sind – unter anderem der Begriff „Ornamentenwald“ wird hier von den Künstlern eingeführt. Im Unterschied zu seinen Malerkollegen beschreitet Hölzel jedoch nach der Jahrhundertwende auch über die Landschaftsmalerei den Weg hin zu einer immer ungegenständlicheren, absoluteren Malerei: 1905 entsteht die „Komposition in Rot I“, ein nahezu abstraktes Gemälde von eindringlicher Farbigkeit und bis dato beispielloser Formradikalität, noch vor Gründung der Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“. Diese experimentierende Abkehr vom Gegenstand entspringt vor allem Hölzels zu dieser Zeit intensivierten theoretischen Überlegungen zu Farbe und Komposition. Er löst sich darüber gänzlich von den Ende des 19. Jahrhunderts anzusiedelnden Richtungen wie naturalistisches Genre, Impressionismus oder Jugendstil. Allerdings dringt damals noch von diesen malerischen Experimenten kaum etwas an die Öffentlichkeit, die „Komposition in Rot I“ wird erst 1916 bei einer Ausstellung in Freiburg gezeigt, also weit nach dem Einzug der Abstraktion in der deutschen Kunstöffentlichkeit.
Mit der Berufung zum Professor an die Stuttgarter Akademie 1905 stagnieren dann zunächst die gewonnenen Erkenntnisse, denn an der eher konservativ orientierten württembergischen Institution erwartet man einen klassisch-akademisch ausgelegten Unterricht. Doch da sich das Verhältnis von Hölzel zu der Akademie schon in kürzester Zeit verschlechtert, zieht er sich auch dort bald in eine gewisse künstlerische Isolation zurück. Seine vielen, teils aus Dachau mit ihm nach Stuttgart gekommenen Schüler – zu denen spätere Bauhauskünstler wie Willi Baumeister, Johannes Itten, Ida Kerkovius und Oskar Schlemmer zählen – unterrichtet er jenseits der akademischen Position.
Gerade in der von Hölzel in späteren Jahren bevorzugten Pastell-Technik löst er sich in zunehmendem Maße vom Inhaltlichen in der Kunst und richtet sein Augenmerk verstärkt auf die Bedeutung der grundlegenden künstlerischen Mittel wie Farbe und Form – die Betitelung „Komposition“ ist nach 1915 häufig anzufinden. Anders als bei „Abstrakten“ wie Wassily Kandinsky und Piet Mondrian bleiben dagegen figürliche Elemente bestehen, weshalb auch in den überwiegend abstrakten Kompositionen oft noch von Motiven und Inhalten, wie zum Beispiel „Landschaft“ gesprochen werden kann. In der Literatur wird Hölzel aus diesem Grund auch als der „behutsame Avantgardist“ bezeichnet.
Aufgabe der Arbeit wird es sein, den künstlerischen Weg und Wandel der Kunst Hölzels im Bezug auf die Landschaft aufzuzeigen und in das künstlerische und kunsttheoretische Umfeld einzubetten. Besonders beachtenswert werden dabei seine schriftlichen Ausführungen sein, welche in dem umfangreichen Nachlass (Staatsgalerie Stuttgart) zu großen Teilen erhalten sind.