Institut für Kunstgeschichte
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II. In Form gebracht. Formatfragen (Ganzer Text)

Der Bestand der Sammlung des Instituts für Kunstgeschichte enthält Druckgrafiken in unterschiedlichsten Formaten, von kleinsten Landschaften (ca. 80 x 60 mm)  über Buchillustrationen (ca.  80 x 50 mm) bis hin zu großformatigen, aus mehreren Blättern zusammengesetzten Reproduktionen von Historiengemälden oder Dekorationssystemen (ca. 600 x 850 mm). Ausgehend von der bestehenden Vielfalt an Größen und Formen möchten wir in diesem Teil der Ausstellung  einige Aspekte herausgreifen, die sich aus der Formatwahl ergeben.

Mit der Linie als Bezugspunkt verstehen wir hier das Format als Umrisslinie, welche die dem  Motiv zur Verfügung stehende Fläche begrenzt.  Als eine Art Paratext kann die Umrisslinie damit sowohl als formal konstitutives, als auch als motivabhängiges Merkmal gedacht werden.

Unter anderem stellt sich so einerseits die Frage, wie das Format einer Druckgrafik durch technische Vorgaben und ihren Funktionszusammenhang bestimmt wird. Beispielsweise bilden die  Größen der Kupferplatten oder Papierbögen „natürliche“ Grenzen.  Aber auch die praktische Verwendung eines Druckes, ob als Anschauungsmaterial in der Lehre - wie auch im Kunsthistorischen Institut München – als Verbreitungsmedium von Bildkonzepten oder zum privaten Vergnügen, nimmt Einfluss auf seine Größe.

Andererseits scheint sich die Wahl des Formats dem Inhalt, wie z.B. der Historien-, Landschafts- und Genremalerei, einer analogen Größenhierarchie unterzuordnen. Vergleicht man die Stiche untereinander, lassen sich Größenunterschiede zwischen den Bildtypen feststellen. Es können aber auch umgekehrt unterschiedliche Formate denselben Sujets zugeordnet werden.  Zudem bietet die Druckgrafik verschiedene Gestaltungsmittel um den ihr zur Verfügung stehenden Raum zu füllen. Man könnte diese „Raumnutzung“ durch das Medium als die Dichte des Bildes bezeichnen.

Einen weiteren zentralen Aspekt bildet  das vom Format wesentlich beeinflusste Rezeptionsverhalten, der ästhetische Eindruck, welcher durch die Größe beim Betrachter entsteht. Ein kleines Bild etwa zwingt zum Nähertreten, schafft eine Wirkung der Intimität und fordert ein alleiniges Betrachten aus nächster Nähe. Hingegen kann ein großes Bild ein diskutierendes oder kollektives Rezipieren provozieren und nimmt ein vollkommen anderes Verhältnis zur  abgebildeten Wirklichkeit oder dem Rezipienten ein.

Die Zusammenstellung der hier ausgewählten Werke soll einen Einblick in die angesprochenen Themenfelder geben und gleichzeitig die Heterogenität der Sammlung darstellen.  Sie geschah unter der Prämisse „Das Format ist nicht das Kunstwerk, aber eine Lebensbedingung des Selben.“ (Burckhardt: 2003, 509)

Laura Bohnenberger, Elisabeth Otto, Mara Rusch

Literatur:

Jacob Burckhardt: Format und Bild, in: Jacob Burckhardt-Stiftung Basel (Hg.): Vorträge 1876-1892, , Bd. 13, München, 2003. S. 506-516.