Institut für Kunstgeschichte
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ERC Advanced Grant für Prof. Dr. Chiara Franceschini

Die ERC Advanced Grants richten sich an etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Fachbereiche, deren hochinnovative Forschung erheblich über den bisherigen Forschungsstand hinausgeht und neue Forschungsgebiete erschließt.

03.04.2023

Mit ihrem neuen Projekt ARCHIATER - 'Heritage of disease' wurde Chiara Franceschini mit einem weiteren ERC-Grant ausgezeichnet.

Kunst und Krankheit sind heute zwei weit getrennte Sphären. In der Vergangenheit war das nicht der Fall. Vor allem nach der Pest-Pandemie von 1348 wurden Kranke und Bedürftige in komplexen Bauwerken versorgt und gleichzeitig eingeschlossen. Diese Einrichtungen, die mit den dazugehörigen Kapellen, Kirchen und Anbauten so geplant wurden, dass sie neuen Epidemien und sozialem Elend besser begegnen konnten, waren reich mit Kunstwerken und Objekten ausgestattet, denen mitunter „heilende Kräfte“ zugesprochen wurden. Bedeutende Architektinnen und Architekten sowie Künstlerinnen und Künstler waren an solchen Projekten beteiligt, von Filarete bis Alonso de Covarrubias, Pierre Puget oder Vanvitelli; von Memling über Grünewald bis zu El Greco und Rubens. Diese ehemaligen Krankenhäuser gehören noch heute zu den beeindruckendsten Gebäuden im Erscheinungsbild europäischer Städte. Und Kunstwerke, die für sie geschaffen oder ihnen gestiftet wurden, befinden sich heute im Besitz bedeutender Museen in Europa und den USA.

Trotz der umfangreichen Forschung zur Geschichte der Krankenhäuser als soziale Einrichtungen ist ein Aspekt erstaunlich wenig erforscht worden: Warum waren Kunst und Architektur für vormoderne Krankenhauskulturen so wichtig? Und was können wir heute noch von dieser zentralen Bedeutung der Kunst für Krankenhäuser lernen? In ihrem neuen ERC-Projekt ARCHIATER (Heritage of Disease: The Art and Architectures of Early Modern Hospitals in European Cities) untersucht Chiara Franceschini dieses umfangreiche und wenig erforschte „Erbe der Krankheit“.

Um diese Forschungslücke zu schließen, wird die Kunsthistorikerin die visuellen Kulturen der Krankenhäuser in europäischen Städten und Häfen vor 1750 untersuchen – an der Schnittstelle zwischen Kunstgeschichte, Sozialgeschichte der Medizin und kuratorischen Studien. „Die zentrale Hypothese ist“, sagt Franceschini, „dass in Krankenhäusern Strukturen, Bilder und Objekte von entscheidender Bedeutung sind, weil sie durch den Durchgang von Menschen, Dingen und Imaginationen ein unterschiedliches Maß an Osmose zwischen dem Innen und dem Außen ermöglichen.“

Chiara Franceschini studierte Kunstgeschichte und Geschichte der Frühen Neuzeit in Pisa und in Florenz und wurde an der Scuola Normale Superiore promoviert. Sie war Postdoktorandin am Warburg Institute in London und erhielt Forschungsstipendien von internationalen Institutionen wie der EHESS in Paris und der Columbia University in New York. Sie lehrte Mittelalter- und Renaissance-Studien am University College London, bevor sie 2016 an die LMU kam. Im selben Jahr sprach ihr der ERC einen seiner Starting Grants für ihr Projekt SACRIMA zu.