Institut für Kunstgeschichte
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VI. Die Linie: Eine Frage der Technik

De Laar

De Laar

Künstler: Pieter de Laar (1592/95-1649?) zugeschrieben
Titel: Bamboccio – das Badehaus
Datierung:1. Hälfte 17. Jahrhundert
Technik:Kupferstich, Kaltnadel
Maße:380 x 314mm

 

Das Blatt wird von einem großen Bauwerk, vielleicht einem Bad dominiert. Ein Mann steht an einer Feuerstelle an der Außenseite des Baus und befeuert diese. Das Gebäude steht an einer schroffen Uferböschung eines Flusses. Um das Gebäude herum finden sich viele kleine Szenerien. Im Vordergrund eine Gruppe von kartenspielenden Männern. Links daneben stehen  Maultiere und Ochsen. Folgt man dem Flusslauf, so sieht man im Hintergrund eine italienisch angehauchte Siedlung. Auf dem Bauwerk selbst befindet sich eine Gruppe leicht bekleideter oder halb nackter Männer, die ein Bad nehmen könnten. Einer von ihnen uriniert vom Gebäude. Der Strahl, der auf das Mauerwerk trifft, läuft in einer Linie, die aus mehreren zitterigen Linien besteht, am Gebäude hinunter.

Unser Blatt wurde sowohl in Kupferstich als auch in Kaltnadel ausgeführt. Zunächst scheinen parallele horizontale Schraffuren vorzuherrschen. So legt sich ein dichtes Gitternetz über den Boden. Im Bereich um den liegenden Ochsen  verdichtet sich das Gitternetz. Das Tier scheint fast mit seiner schattigen Umgebung zu verschmelzen und wird nur durch die betonten Konturlinien von dieser abgegrenzt. In den Reisigbüscheln neben der Feuerstelle finden wir dicke schwarze Linien, die vermutlich in Kaltnadeltechnik in die Druckplatte eingegraben wurden. Sie scheinen über dem Gitter der Kupferstichbearbeitung zu liegen.

Interessant ist der Himmel über dem Bad. Dieser ist wolkenverhangen. Doch schafft es de Laer, die unterschiedlichen Wolken, die Helligkeit des Himmels mit seinem Linienspiel zu betonen. So nutzt er lange, horizontale Linien, die parallel zueinander laufen. Zuweilen sind sie äußerst gerade und exakt gezogen, schwellen an manchen Stellen ab, so dass die Linien dünner werden und sich die Abstände zwischen den Linien etwas vergrößern. Dadurch entstehen Wolkenschwaden. An eben diesen Wolkenschwaden finden sich auch stärker anschwellende Linien, so dass beim Druck mehr Farbe aufgenommen wurde und die Wolken an diesen Stellen dichter und dunkler erscheinen.

Auch greift de Laer auf einen kleinen Trick zurück. Besonders düstere und bedrohlich erscheinende Wolken schafft er durch eine Rautenschraffur. Diese allerdings wirkt an sich so, als hätte er zwei Rasterungen ineinander verdreht, womit er einen Moiré-Effekt erzielt. Die Wolken erscheinen verdreht und verzerrt.

Pieter de Laar (oder auch de Laer) wurde 1592/95 in Haarlem geboren. Er reiste 16 Jahre seines Lebens durch Frankreich und Italien. Seit 1626 weilte er wohl in Rom. Hier erhielt er den Beinamen Bamboccio oder auch Bamboots, was soviel wie possierliche Puppe heißt. Auf dem Stich des Instituts lassen sich gewiss einige Niederschläge der Italienreise wiederfinden. De Laar gab seine Umwelt auf eine naturalistische und derbe Weise wieder. Dabei widmete er sich dem Alltäglichen und interessierte sich für die Gegensätze von Licht und Schatten. So auch in diesem Stich. Neben Genredarstellungen, etwa den Kartenspielern oder dem urinierenden Mann, finden sich auch Landschaftsdarstellungen und Tierstudien. In Italien wird das durch ihn geschaffene und beeinflusste Genre auch zuweilen als "Bambocciata" bezeichnet.

Janes Laslo Stadler

Literatur:

  • Thieme, Ulrich, Felix Becker und Hans Vollmer (Hgg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, 37 Bde., fotomechanischer Nachdruck der Ausg. v.1928, Leipzig 1961, Bd. 22, S. 196 f..

Standort/Bildrecht: Institut für Kunstgeschichte der LMU, München