Institut für Kunstgeschichte
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VI. Die Linie: Eine Frage der Technik

Zucarro

Zucarro

Künstler:Cornelis Cort
Vorlage: Taddeo Zucarro (?)
Titel: Anbetung der Hirten
Datierung:1567 (?)
Technik:Kupferstich
Maße:ca. 402 x 288 mm
Beischrift: Signatur spiegelverkehrt, rechts unten: Tadeus Zuccari
links unten Kürzel: I.B.S.E.

 

In einer Krippe vor einer zerfallenen Architektur liegt der kleine Jesus Knabe. Maria kniet hinter der Krippe. Links davor sitzt Joseph. Um sie herum neun aufgeregt gestikulierende Hirten. Drei zur Rechten Jesu und sechs zu seiner Linken. Drei Fenster durchbrechen die Mauer des Stalls. Im linken Fenster ist die Verkündigung an die Hirten in weiter Ferne zu erkennen. Im mittleren Fenster, hinter Maria, sind zwei Gestalten im Brustbild zu sehen. Im rechten Fenster eine wallende Gras-Hügellandschaft mit einem Gebäude – vielleicht einer Kapelle. Über der Ruine reißt der bewölkte Himmel auf. Vier jünglinghafte Engel sitzen auf Wolken um die Szenerie herum, während ein weiterer Engel von oben herabstößt. Dieser ähnelt stark dem Engel aus der "Bekehrung des Heiligen Paul" in S. Marcello al Corso.

Eine Bleistift-Tusche-Zeichnung Taddeo Zuccaros (1529-1566) aus der Sagredeo-Borghese Sammlung, die weitestgehend mit dem Druck übereinstimmt,  könnte als Vorlage für unser Blatt verwendet worden sein. Der Druck stammt vermutlich von Cornelis Cort (1533-1578), der mehrere Blätter nach Zuccaro, unter anderem auch die Anbetung der Hirten, angefertigt hatte.

Bei dem Druck handelt es sich um einen Kupferstich. Mit einem Grabstichel wird ein Span aus der Kupferplatte ausgehoben, wodurch die Linie entsteht. Dabei wird die Platte auf einem Lederkissen gelagert und mit der einen Hand gegen die Hand geführt, welche den Stichel hält. Anschließend  werden entstandene Grate mit einem Schabeisen entfernt. Charakteristisch für den Kupferstich ist, dass die Linien an beiden Enden spitz auslaufen. In der Mitte sind sie tailliert und schwellen an. Der auf den Grabstichel ausgeübte Druck bestimmt die Breite und Tiefe der Ausnehmung und damit, wie viel Farbe in die Rille aufgenommen werden kann. So kann eine Linie mehrmals an- und abschwellen. Auf unserem Blatt grenzen harte Konturlinien Körper und Mauern von ihrer Umgebung ab. Die lichten Wolken im oberen Bereich allerdings scheinen hauptsächlich aus geschwungenen, parallelen Linien zu bestehen, die kaum konturiert sind. Die Binnenformen der Körper sind reliefartig ausgearbeitet. Die Krümmungen der einzelnen und zu Gittern zusammengerafften Linien betonen den Körperverlauf. Die Stellen, die nicht vom Licht angestrahlt werden, die Mauer unterhalb der Wolken und die Falten der Gewänder, weisen einfache Kreuzschraffuren auf. Durch die Variation der Winkel der Linien zueinander entstehen Einschlüsse in Form von Rauten und kleinen Quadraten. Die Größe dieser Einschlüsse verändert sich durch die Abstände der Linien zueinander. In der rechten Fensterlaibung etwa verdichten sich die Linien fast zu einer schwarzen Fläche mit wenigen hellen Einschlüssen. Anfang und Ende der Linien oder eine Taillierung lässt sich in dem Gewirr nicht mehr erahnen. Das Mauerwerk daneben wird durch horizontale parallele Linien gebildet. Die Fensterlaibung des linken Fensters scheint von einer Lichtquelle angestrahlt zu werden. Lange, leicht geschwungene Linien empfinden die Rundung der Fensteröffnung nach. Die Laibung wird von kleinen Strichen, fast schon Punkten dominiert. Die wallende Hügellandschaft im Hintergrund wird durch wenige geschwungene unterschiedlich lange Linien geschaffen.

Taddeo Zuccaro lernte bei Francesco da Sant'Agnolo und bei Giovanpietro Calabrese. Vorbilder waren Raffael, Parmigianino und Correggio. Zucarro gilt als ein Hauptvertreter des römischen Manierismus und beeinflusste stark die Malerei der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts in Italien und den Niederlanden.

Janes-Laslo Stadler

Literatur:

  • Gere, J.A.: Tadeo Zuccaro. His Development studied in his drawings, London 1969.
  • Koschatzky, Walter: Die Kunst der Graphik, Salzburg 1979.
  • Cornelius Cort, in: Strauss, Walter u.a. (Hgg.): The Illustrated Bartsch, 166 Bde., New York 1986, Bd. 52, S.41f.
  • Thieme, Ulrich, Felix Becker und Hans Vollmer (Hgg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, 37 Bde., fotomechanischer Nachdruck der Ausg. v.1947, Leipzig 1961, Bd. 36, S. 571 f..
  • Vasari, Giorgio: Das Leben des Daniele da Volterra und des Taddeo Zuccaro, Berlin 2009.
  • Wiench, Peter: Die Große Enzyklopädie der Malerei, Band 8, Freiburg u.a. 1975 (deutsche Ausgabe 1978), S. 2904.
  • http://www.artnet.com/Galleries/Artists_detail.asp?gid=140&aid=18463/ Zugriff: 9.7.2010 19:35h

Standort/Bildrecht: Institut für Kunstgeschichte der LMU, München