Institut für Kunstgeschichte
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V. Sprechende Linien. Zum Verhältnis von Schrift und Bild in der Druckgrafik

Wink

Wink

Künster: Johann Christian Thomas Wink (Entwurf?) / G.C.K. (Radierer?)
Titel: (Selbst-) Porträt Christian Wink
Datierung: nach 1769
Technik: Radierung
Maße: 8,2 x 12,4 cm
Beischrift:
Christianus Wink
Pictor Aulae Boicae
natus Eustad: A. 1738.
se ipsum ping
G.C.K.

 

Auf der kleinformatigen Radierung ist ein Mann im Brustbildnis in einer einfachen ovalen Umrandung abgebildet. Darunter befindet sich eine kurze Inschrift. In dieser wird zum einen der Porträtierte als „Christianus Wink“ identifiziert und zum anderen seine Berufstätigkeit als „Pictor Aulae Boicae“, d.h. bayerischer Hofmaler, angegeben. Außerdem wird die Stadt Eichstätt erwähnt, in der er 1738 geboren wurde („natus Eustad: A. 1738“ = gebürtig in Eichstätt: im Jahre 1738). Darunter befindet sich noch der Zusatz „se ipsum ping“ (= sich selbst abgezeichnet), was darauf schließen lässt, dass die Radierung von Christian Wink als Selbstporträt entworfen wurde. Allerdings stellt sich die Frage, ob er die praktische Ausfertigung auch selbst vorgenommen hat. Es befinden sich nämlich in der rechten unteren Ecke die Initialen „G.C.K.“, welche auf einen zweiten beteiligten Künstler bzw. Radierer hinweisen könnten.

Eine genaue Datierung ist nicht angegeben. Allerdings muss der Druck nach 1769 entstanden sein, denn in diesem Jahr wurde Christian Wink zum bayerischen Hofmaler  unter Kurfürst Max III Josef ernannt.

Die praktische Ausführung der Radierung ist sehr reduziert. Die Gewandung Winks - ein voluminöser, Falten werfender Umhang und ein darunter hervorschauendes Hemd mit Rüschen -  ist lediglich durch einige wenige Linien angedeutet. Auch seine Perücke, die ihn als barocken Zeitgenossen identifiziert, ist nur durch eine minimale Anzahl an kurzen, geschwungenen Strichen erkennbar. Dasselbe gilt auch für das Gesicht des Künstlers, obwohl hier eindeutig mehr Wert auf das Detail gelegt wurde. So sticht der feine Schattenwurf um die Nase, die Augen und unter dem Kinn des Abgebildeten hervor.

Auffällig ist hierbei, dass in Winks Brustbildnis keine geraden oder parallelen Linien verwendet wurden. Es besteht ausschließlich aus geschwungenen Strichen mit variierender Länge und einigen vereinzelt gesetzten Punkten.

Dieser Umstand unterscheidet das Bildnis vom darunter liegenden Text, welcher aus exakten typographischen Buchstaben besteht. Vor allem der oberste und größte Schriftzug „Christianus Wink“ sticht hier hervor. Die Buchstaben bestehen - sofern möglich - aus geraden Linien, sind parallel ausgerichtet und in genauen Abständen voneinander gesetzt. Sie wirken fast so, als ob sie mit der Schreibmaschine geschrieben worden wären. Die darunter liegende Schriftzeilen „Pictor Aulae Boicae“ und „natus Eustadt: A. 1738“ sind in einer Art Schreibschriftvariante der oberen Schrift angefertigt. Die Linien sind geschwungener und wirken somit dynamischer. Allerdings sind auch hier die bewusst gesetzten und genauen Striche vorherrschend. Die unterste Schriftreihe „se ipsum ping“ wirkt dagegen am spontansten. Die Buchstaben sind zwar der Typographie der oberen Buchstaben angelehnt, erzeugen aber durch ihre geringere Größe und einen ungenaueren Abstand den Eindruck einer nachträglichen, ad hoc hinzugefügten Ergänzung.

Stephanie Utschig

Literatur:

  • Lexikon der Kunst. Malerei-Architektur-Bildhauerkunst, Band 12, Freiburg 1990.
  • H. Obrich u.a. (Hrsg.): Lexikon der Kunst, Band 7, Leipzig 1994.

Standort/Bildrecht: Institut für Kunstgeschichte der LMU, München