Nomadic Camera
Die in der Antragsphase befindliche Forschungsgruppe "Nomadic Camera" geht von der Hypothese aus, dass Fotografie das zentrale Medium zur Visualisierung von grenzübergreifenden Ortswechseln ist. Vor diesem Hintergrund gilt das Forschungsinteresse den komplexen Verflechtungen von Fotografie, Mobilität und Technik. "Nomadic Camera" nimmt in historischer Tiefe und bis in die Gegenwart die technischen Voraussetzungen, institutionellen Beziehungen und ästhetischen Prämissen in den Blick. Seit ihrer Einführung im frühen 19. Jahrhundert und im Zuge der technischen Entwicklungen war die Fotografie ein mobiles Medium. Die angenommene enge Verbindung von Displacements und moderner (Kamera-) Technik führt zur These, dass die Erfahrung von Fremdheit eine condition humaine der Moderne ist.
Die ortsverteilte Forschungsgruppe bündelt die Kompetenzen von Wissenschaftler:innen in Deutschland, die sich in ihren Disziplinen mit außerordentlichen Forschungsbeiträgen zum Thema hervorgetan haben. Die sieben Teilprojekte untersuchen, wie Migration, Exil und Flucht mit den technischen Innovationen dieses mobilen Mediums zusammenhängen und zeitliche, geographische und thematische Grenzen überschreiten: mit Blick auf Migrationsbewegungen im Kontext des Imperialismus und Kolonialismus sowie deren Auswirkungen im Zeitalter der Dekolonisation über die erzwungene Emigration von Fotograf:innen in der Zeit des Nationalsozialismus bis hin zu zeitgenössischen Fluchtbewegungen. Dabei werden die folgenden fotografischen Bedingungen und Praktiken befragt: Wie konturiert die Kameratechnik die Formulierung von Exil-, Migrations- und Fluchterfahrungen? Wie verändern sich ästhetische Überzeugungen, Stil und Arbeitsweise unter dem Eindruck der Ortswechsel?
Das Projekt wird untersuchen, wie sich Displacements in unterschiedlichen Genres ausdrücken und wie die Trennlinie zur Reise-, Amateur-, künstlerischen, aktivistischen, ethnologischen und Wissenschaftsfotografie zu ziehen ist.
Die Verflechtung von Fotografie und Dislozierung wird aus einer Vielzahl von Perspektiven diskutiert. Dabei besteht der methodische, theoretische und inhaltliche Rahmen aus vier miteinander verknüpften Forschungsfeldern: A) "Techniken, Technologien", B) "Körper, Agenten, Performativität", C) "Mediale Narrationen, Narrative" und D) "Zirkulation, Archive, Erinnerung". Die vielfältigen Verbindungen und Schnittstellen der Teilprojekte erlauben eine umfassende und komplexe Analyse mit einer gemeinsamen Zielsetzung: So soll ein interdisziplinäres und analytisches Instrumentarium für die theoretische, methodische und historische Erforschung von Fotografie im Kontext von Mobilität, Migration, Flucht und Exil erarbeitet werden. Damit werden neue Perspektiven auf die Fotografiegeschichte und -theorie entwickelt und zugleich die visuelle Kultur der Migration in ihren unterschiedlichen Ausdrucksformen konturiert.
Projektbeteiligte:
Prof. Dr. Burcu Dogramaci, Institut für Kunstgeschichte, LMU München
Dr. des. Anna Sophia Messner, Institut für Kunstgeschichte, LMU München
Prof. Winfried Gerling, Fachhochschule Potsdam, Fachbereich Design
PD Dr. Ulrich Hägele, Eberhard Karls Universität Tübingen, Institut für Medienwissenschaft
Prof. Dr. Jens Jäger, Universität zu Köln, Historisches Institut, Abteilung Neuere Geschichte
Prof. Dr. Birgit Mersmann, Universität Duisburg-Essen, Institut für Kunst und Kunstwissenschaft
PD Dr. Stefanie Michels, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Institut für Geschichtswissenschaft
PD Dr. Annette Vowinckel, Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam
Kooperation:
Prof. Dr. Eva-Maria Troelenberg, Utrecht University, Department of History and Art History, Section Art History
Es wurden bereits drei interne Workshops zur Terminologie, Methoden und theoretischen Ansätzen veranstaltet:
Workshop 1 am 13.03.2019 zum Thema "Themen und Perspektiven zur Nomadic Camera"
Workshop 2 am 16. und 17.03.2021 zum Thema "Teilprojekte: transdisziplinäre und inhaltliche Schnittstellen"
Workshop 3 am 30.04.2021 zum Thema "Konzepte und Begriffe zur Nomadic Camera"