Institut für Kunstgeschichte
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Handlungen mit Handschuhen. Objekte, Texte und Bilder in Ordnungsentwürfen der mittelalterlichen Kirche (11.-13. Jh.)

Das interdisziplinäre Promotionsprojekt untersucht den rituellen Gebrauch geistlicher Handschuhe als einen Paradefall der vielfältigen Entstehungsgeschichte einer neuen objektbezogenen Konvention im Mittelalter. Sein Fokus liegt auf der Frage, inwieweit sich mit einem 'richtigen' Insigniengebrauch die Vorstellung einer funktionierenden gesellschaftlichen Ordnung verbindet. Dahinter verbirgt sich die idealische Einheit aus geistlichem Rang, Würde- und Standeszeichen sowie moralischem Anspruch.

Die hochmittelalterliche Hierarchie der Ordinations- und Jurisdiktionsgewalt drückt sich sinnfällig im konventionellen Zeichengebrauch der Amtsträger bei unterschiedlichen Interaktions- und Kommunikationssituationen aus. Die Tragweite, die eine Veränderung am Symbolhaushalt herbeiführen kann, zeigt sich, wenn das standesgemäße Recht an den Bischofsinsignien durch (vorgegebenes) Gewohnheitsrecht oder päpstliches Sonderrecht missachtet wird. So beschreibt Bischof Marbod von Rennes (gest. 1123) einen Abt mit Pontifikalinsignien, darunter Handschuhen, als eine Pervertierung der göttlichen Ordnung: als monströses Mischwesen (centauro simile monstrum) oder Esel im Löwenfell (latens sub pelle leonis asellus). Das dynamische Verhältnis zwischen kirchlicher Institutionengeschichte, Ekklesiologie, Zeichentheorie und mittelalterlicher Objektkonzeptionen wird an dem Handschuh als einem wenig beachteten Kleidungsstück besonders deutlich und historisch fassbar.

Hannes Fahrnbauer, M.A.