IV. Emigration
Ruth Schweisheimer hatte sich vor ihrer Emigration bereits mit beruflichen Alternativen auseinandergesetzt. Nach ihrer Entlassung aus der Staatlichen Kunstbibliothek Berlin erlernte sie das Fotografieren, um im Falle einer Auswanderung größere Aussichten auf eine Anstellung zu erhalten. Theodor Harburger arbeitete in Palästina nicht mehr im kunstwissenschaftlichen Bereich, sondern unterstützte seine Frau, die eine Pension in Tiberias leitete. Sie alle standen vor der Herausforderung, sich in einer ihnen fremden Umgebung und fremden Sprache privat und beruflich zu etablieren.
Einigen der hier vertretenen Kunsthistoriker gebührt der Verdienst, Lehre und Forschung auf dem Gebiet der Kunstgeschichte in ihren Exilländern maßgeblich beeinflusst zu haben. So baute Richard Krautheimer an der Universität in Louisville, Kentucky (USA), die Abteilung für Kunstgeschichte auf und lehrte in Englisch, einer Sprache, die er bis dahin kaum beherrscht hatte. Seinem Cousin Ernst Kitzinger gelang es, das Forschungszentrum Dumbarton Oaks der Harvard University, Cambridge, Massachusetts (USA) als weltweit renommierte Forschungseinrichtung für byzantinische und mittelalterliche Kunstgeschichte zu etablieren. Teilweise engagierten sich die emigrierten Kunsthistoriker im Zweiten Weltkrieg in den Armeen ihrer neuen Heimat. Richard Bernheimer war unter anderem als Übersetzer für deutsche Kriegsgefangene in der US Army tätig, Ernst Kitzinger und Jakob Rosenberg arbeiteten als Experten der Harvard University für die Roberts Commission der US Army, die sich für den Schutz der Kunstdenkmäler in den Kriegsgebieten einsetzte. Andere, wie Lili Heinemann im französisch besetzten Marokko oder August Liebmann Mayer in Frankreich, wurden vom Vichy-Regime interniert, Mayer später nach Auschwitz deportiert, wo er 1944 ermordet wurde.
III. Zeit der Machtergreifung Zurück zum Start V. Nach dem Zweiten Weltkrieg