Institut für Kunstgeschichte
print


Navigationspfad


Inhaltsbereich

Lebensdaten und Stationen von Doris Schmidt

Text: Luisa Engler

Textergänzungen (grau): Antonia Bartl, Marlene Mützel, Thomas Stähler

Doris Schmidt, mit ganzen Namen Clara Elisabeth Doris Schmidt, wurde am 5. September 1918 in Malitschkendorf als Tochter des Pfarrers Martin Schmidt und seiner Frau Elisabeth Schmidt geboren (DKA, NL Schmidt, Doris, 3912-S42, U8). Sie verbringt ihre Kindheit und Jugend in Thüringen, Budapest und Frankfurt am Main. Am 2. Juni 1931 schließt Schmidt die Oberrealschule mit Vorschule der Reichsdeutschen Schule zu Budapest ab und legt anschließend im Jahr 1937 die Reifeprüfung an der Städtischen Realgymnasialen Studienanstalt an der Schillerschule zu Frankfurt am Main mit der Note Gut ab (DKA, NL Schmidt, Doris, 3912-S187, O1). An der Schillerschule ist sie Mitglied einer „Arbeitsgemeinschaft zur Kunstbetrachtung“ (Signatur: DKA, NL Schmidt, Doris, 3912-S 42, U8).
Im September 1938 macht Doris Schmidt, im Rahmen ihres Dolmetscherstudiums in Englisch, Spanisch und Französisch am Dolmetscherinstitut der Universität Heidelberg eine Sprachreise nach England mit Deutschlands größtem Expressdampfer Europa (DKA, NL Schmidt Doris, 3912-S 86, U4). Im Jahr 1940 erhält sie daraufhin das Zeugnis als „Akademisch geprüfte Übersetzerin“ mit dem Gesamtergebnis „Gut“. Im Anschluss ist Schmidt ab dem 4. März 1940 vorerst beim Auswärtigem Amt Berlin als Übersetzerin für englische und französische Sprache in der Presseabteilung tätig. Dort scheidet sie bereits am 30. September 1940 auf eigenen Wunsch aus. Ab dem 1. Mai 1941 ist Doris Schmidt als Schriftleiterin in Ausbildung beim Frankfurter General-Anzeiger angestellt und ab dem 1. April 1942 nach bestandener Prüfung zur besonderen Verwendung der Hauptschriftleitung verpflichtet. Am 31. März endet ihre Beschäftigung dort und sie ist vom 1. Mai 1943 bis 31. Oktober 1943 im kulturpolitischen Ressort des Frankfurter Volksblatt und seiner Nachfolgerin, der Rhein-Mainischen Zeitung, als Schriftleiterin tätig. Sie verfasst während dieser Zeit vor allem Kunstbetrachtungen in den Ressorts Theater, Musik, Film und Bildende Kunst. Im Anschluss ist Schmidt vom 1. Januar 1945 bis 30. September 1951 als alleinige Sekretärin am Städelschen Kunstinstitut und der Städtischen Galerie in Frankfurt am Main angestellt. Dort wird sie hauptsächlich zur Unterstützung der drei wissenschaftlichen Beamten eingesetzt. 1950 nimmt Doris Schmidt parallel zu ihrer Berufstätigkeit das Studium der Kunstgeschichte und Archäologie in Frankfurt am Main auf und beginnt regelmäßig als Kritikerin für die Frankfurter Allgemeine Zeitung zu arbeiten. 1951 verlässt sie den Museumsdienst, um sich ganz dem Studium und der Abfassung ihrer Doktorarbeit zu widmen. Als Studienabschluss erlangt „Fräulein Doris Schmidt“ die Würde eines Doktors der Philosophie an der Universität Heidelberg, nachdem sie in „Ordnungsmässigem Promotionsverfahren“ mit ihrer Dissertation „Portalstudien zur Reimser Kathedrale. Eine Fixierung der Anfänge“ sowie in der mündlichen Prüfung das Gesamturteil „magna cum laude“ erhalten hat. Vom 1. Mai 1958 bis zum 31. Januar 1960 absolviert Doris Schmidt ein Volontariat bei den Bayerischen Staatlichen Museen in München (DKA, NL Schmidt, Doris, 3912-S 187, O1). Daran anschließend arbeitet sie vom 1. April 1960 bis 31. Oktober 1961 in der Städtischen Kunsthalle Mannheim als wissenschaftliche Assistentin und Kustodin der Graphischen Sammlung. Sie tritt 1961 auf eigenen Wunsch aus dem Dienst der Kunsthalle Mannheim aus, um in die Redaktion der Süddeutschen Zeitung München einzutreten. Dort arbeitet sie ab 1961 als Architektur- und Kunstkritikerin (DKA, NL Schmidt, Doris, 3912-S 187, O1).

Bereits zwischen 1950 und 1961 war Schmidt Mitarbeiterin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gewesen und hatte dort am 27. März 1950, nur fünf Monate nach Gründung der FAZ, ihre erste Kunstkritik in Form eines Artikels über eine Ausstellung Berliner Museen veröffentlicht. In der Folge schrieb sie neben zahlreichen Berichten zu aktuellen Ausstellungen im In- und Ausland über eine breite Palette kunsthistorischer und kulturpolitischer Themen, wie Architektur, Stadtplanung, Innenarchitektur, Kunsthandwerk oder Kulturgeschichte. Zudem verfasste sie Film- und Buchkritiken und berichtete von Buchkongressen.
Bei der Süddeutschen Zeitung schied Schmidt zum 31. Dezember 1983 als feste Mitarbeiterin aus, arbeitete aber als Werkrentnerin weiter und behielt bis zum November 1991 ihren eigenen Arbeitsplatz im Gebäude der SZ-Redaktion in der Sendlinger Straße (DKA 3912-S 62, U7).
Insgesamt veröffentlichte Schmidt zwischen 1966 und 2002 knapp 1.800 Artikel unter eigenem Namen. Darüber hinaus schrieb sie vereinzelt Artikel in anderen Printmedien, wie dem Nike. The Art Magazine oder dem Tagesspiegel (DKA 3912-S 9, U6).

Im Jahr 1971 schlug der vorzeitig scheidende Direktor der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München, Hans Konrad Röthel, Schmidt als seine Nachfolgerin vor (SZ vom 14.7.1971, S. 10). Im anschließenden Bewerbungsverfahren durch das Kulturreferat der Stadt München gelangte Schmidt in die Runde der letzten vier Bewerber, bei dem sie am 7. Dezember 1971 in einem zehnminütigen Kurzreferat ihr Konzept für die Leitung der Galerie präsentierte. Darin vertrat sie einen museumsdidaktischen Ansatz, mit dem Ziel, das Lenbachhaus zu einem Ort der gesellschaftlichen „Ausbildung des Sehens“ zu machen. Als wesentliche Komponenten sah sie dabei einerseits die umfassende Darstellung der „künstlerischen Revolution“ durch den Aufbruch in die „abstrakte Kunst“ und in die „absolute Malerei“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch Werke aus dem Bestand, sowie den Beginn einer eigenen Sammlungstätigkeit des Hauses von zeitgenössischer Münchner Kunst als Zukunftsprojekt. Letztlich konnte sich Schmidt aber aufgrund ihrer fehlenden praktischen Erfahrung im Museumsbetrieb, bzw. der geforderten „organisatorischen Begabung“, nicht durchsetzen und unterlag dem Kunsthistoriker und Denkmalpfleger Michael Alfred Petzet. Wie aus ihren Bewerbungsunterlagen hervorgeht, hatte Schmidt erstaunlicherweise offenbar ihre sechsjährige Tätigkeit am Städelschen Kunstinstitut der Städtischen Galerie Frankfurt unerwähnt gelassen. Wie zudem aus den Unterlagen hervorgeht, hatte sie das Abitur offenbar 1938 abgelegt und nicht wie bislang angenommen bereits 1937 (Stadtarchiv München: DE-1992-KULA-1762).

Doris Schmidt wurde für ihre Leistungen verschiedentlich ausgezeichnet: Unter anderem hat sie den mit 25.000,- DM dotierten Theo-Wormland-Kunstpreis im Jahr 1984 für ihre langjährige Arbeit als Kunstkritikerin der Süddeutschen Zeitung erhalten. Außerdem war sie Mitglied mehrerer Verbände und Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (DKA, NL Schmidt, Doris, 3912-S 187, O1).

1973 wurde Schmidt für drei Jahre als erste Frau in die Ankaufskommission der Sammlung zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland gewählt, die zu dieser Zeit jährlich eine Summe von rund DM 200.000,- für den Erwerb von Kunstwerken aufwendete (DKA 3912-S 94, O2).

Schmidt war auch als Übersetzerin tätig und lieferte u. a. Übersetzungen von Werken von Nikolaus Pevsner, Reinhold Niebuhr, Emil Langni, André Chastel, sowie der dreizehn teiligen BBC-Dokumentation „Civilisation“ von Kenneth Clark (Stadtarchiv München AV. Bibl. 33757).

Grundsätzlich zeichnete sich Doris Schmidt durch ihr passioniertes Interesse an bildender Kunst aus, wobei für sie besonders die Nachkriegskunst eine bedeutende Rolle spielte. Ihre Zeitungsartikel basierten auf sorgfältiger Recherche, auf deren Grundlage sie ein scharfes, unbestechliches Urteil fällte. Doris Schmidt zählt damit sicherlich zu den einflussreichsten Kunstkritikerinnen des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum (DKA, NL Schmidt, Doris, 3912-S 28, U8).